Redaktionsbüro Kaltenthaler: Mona und der Apfelbaum

Mona und der Apfelbaum


(Vorlesegeschichte aus Mein Kind lernt schlafen, Gondrom, 2005)

Mona ging jeden Tag zu Fuß von der Schule nach Hause. Ihr Weg war ziemlich
weit. Aber sie langweilte sich nie unterwegs. Da gab es so viel zu sehen am
Straßenrand!
Am schönsten fand sie einen riesigen Apfelbaum, der im Garten eines kleinen
Häuschens stand. Sie blieb jedes Mal eine Weile vor dem Baum stehen und
bewunderte die leckeren roten Äpfel, die an seinen Ästen hingen. Mona hatte
Hunger, denn es war Mittagszeit.
Wie gern hätte sie in eine dieser knackigen Früchte hineingebissen!
Eines Tages, als sie wieder am Apfelbaum vorbeikam, merkte sie, dass die
Gartentür offenstand. Mona blickte sich kurz um, ob sie auch niemand
beobachtete. Blitzschnell huschte sie in den Garten, griff nach einem großen
Apfel, der sich leicht vom Ast lösen ließ und sauste davon.
Ihr Herz pochte heftig, als sie gierig und hungrig in den geklauten Apfel biss. Er
schmeckte aber nicht gut. Er war noch nicht reif und deshalb bitter. Schnell
steckte sie die Frucht in ihre Schultasche, damit niemand sie sehen konnte.
Langsam und mit schlechtem Gewissen schlenderte das Mädchen nach
Hause.
Natürlich fand Monas Mutter später den Apfel im Schulranzen, als sie wie jeden
Tag die Reste vom Pausenbrot herausnehmen wollte.
„Woher hast du denn den Apfel, Mona?“, fragte die Mutter. Monas Gesicht lief
rot an. Aber das Mädchen schwieg.
„Na, raus mit der Sprache!“
„Vom … vom … Apfelbaum in … in dem Ga…Garten auf dem Schu…
Schulweg“, stotterte Mona verlegen.
„Hast du den geklaut?“, fragte die Mutter ärgerlich.
„Ja“, sagte Mona und gestand nun die ganze Wahrheit.
„Wir gehen sofort dorthin und entschuldigen uns“, sagte die Mutter, die ihr Kind
immer zu Offenheit und Ehrlichkeit erzogen hatte. Und sie begleitete Mona zu
dem Häuschen mit dem Apfelbaum.
Ängstlich klingelte das Mädchen an der Haustür. Eine freundliche alte Frau
öffnete.
Mona erzählte ihr mit klopfendem Herzen, dass sie den Apfel eigentlich gar
nicht nehmen wollte, aber dass die Gartentür offenstand und sie ja soooo
Hunger hatte…
Die alte Frau lächelte. Sie holte einen großen Korb und sagte zu Mona: „Du bist
ein ehrliches Mädchen. Pflück dir so viele Äpfel wie du willst. Aber nimm nur die
reifen Früchte. Sie schmecken am süßesten.“
Mona bedankte sich und suchte die schönsten roten Äpfel aus. Fröhlich und
erleichtert ging sie mit dem gefüllten Korb nach Hause. Sie biss auch gleich in
einen Apfel. Dieser war nicht bitter und hart, sondern zuckersüß und saftig.
Die Mutter hat Mona von den leckeren Äpfeln dann noch einen herrlichen
Apfelkuchen gebacken. Es war der beste, den das Mädchen je gegessen hat.
Außerdem bekam es von nun an jeden Tag einen saftigen Apfel mit in die
Schule – für den Heimweg.

Zurück zu Kindergeschichten