Als Abu in den Graben fiel
(Tiergeschichte aus Mein Kind lernt schlafen, Gondrom, 2005)Abu war ein dicker Nashornmann. Er lebte mit der Nashornfrau Toto im Zoo.
Toto war launisch und sehr verfressen. Am liebsten mochte sie süßes Obst.
Dafür tat sie alles. Leider bekam Abu immer recht wenig davon ab.
Eines Abends gab es wieder einmal die Lieblingsspeise. Der Tierpfleger füllte
den großen Futtertrog mit saftigen, klein geschnittenen Äpfeln.
Breitmaulnashörner wie Toto und Abu können nämlich keine ganzen Äpfel
essen, weil sie ihr Maul nicht sehr weit auf bekommen.
Schnell und von Toto möglichst unbemerkt schlich Nashornmann Abu zum
Obst. Er wollte sich einmal an Äpfeln satt essen bevor seine gierige Frau das
Festmahl entdeckte. Die Gelegenheit war günstig, denn Toto ließ sich gerade
am Zaun von einer Kinderschar bewundern.
Aber plötzlich merkte sie, dass Abu am Fressen war. Als sie die leckeren Äpfel
sah, wollte sie Abu unsanft zur Seite stoßen. Der aber ließ sich nicht vertreiben
und fraß hastig weiter. Jetzt wurde Toto böse. Mit ihrem spitzen Horn griff sie
den Freund an. Dieser lief davon, quer durchs Gehege. Sie hinterher….
Um das Gehege herum war ein tiefer Graben gebaut. Darin lebten die Nilgänse und Perlhühner mit ihren Jungen. Als sie merkten, dass oben eine Nashornjagd
stattfand, verkrochen sie sich ängstlich unter den Büschen. Abu rannte und
rannte, so schnell er konnte. Das Trampeln der schweren Tiere war laut zu
hören. Staubiger Sand flog durch die Luft. Plumps – ein dumpfer Knall – Abu
war in den Graben gefallen.
Das Nashorn hatte diesen nicht rechtzeitig gesehen und nicht mehr abbremsen
können. Denn es war wie alle Nashörner sehr kurzsichtig. Der Graben war eng.
Abu konnte sich kaum bewegen. Nun war er gefangen dort unten bei den
Nilgänsen und Perlhühnern: Er konnte nicht klettern und nicht hüpfen. Er war
viel zu schwer dazu. Jetzt fauchte er vor Wut.
Wie kam Abu aus dem Graben wieder heraus? Hast du eine Idee?
Der Zoodirektor bestellte einen Kranwagen. Damit wollte er den gewichtigen
Nashornmann herausheben lassen. Dazu mussten ihm zwei dicke Gurte um
den Bauch gelegt werden. Aber kein Tierpfleger des Zoos traute sich, zum
wütenden Abu herunterzuklettern und ihn festzuschnallen.
Niemals darf ein Fremder ins Revier eines Nashorns eindringen!
Wie also kam Abu aus dem Graben wieder heraus?
Der Zoodirektor hatte die rettende Idee: „Wir werden eine Rampe bauen. So
kann das Nashorn selbst nach oben stapfen“. Ein großer Laster fuhr Sand
herbei. Die Tierpfleger bauten eine Rampe aus Sand und Holzbrettern. Jetzt
konnte Abu glücklich wieder nach oben gelangen. Und – oh Wunder – im
Futtertrog waren noch zwei Apfelschnitten übrig. Toto hatte zum ersten Mal
Mitleid mit ihrem Freund gehabt. Außerdem war sie froh dass er wieder bei ihr
sein konnte. Denn auch wenn sie ihm immer die Leckerbissen wegfraß, so
mochte sie ihn doch sehr gern.
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